Sacharow-Preis ehrt das ukrainische Volk
Strassburg, 14. Dezember 2022 – Das Volk der Ukraine wurde bei der Zeremonie in Straßburg von seinem Präsidenten, gewählten Politikern und Personen der Zivilgesellschaft vertreten.
Der unprovozierte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der im Februar 2022 begann, verursacht enorme Kosten für das ukrainische Volk, das für den Schutz seiner Heimat, seiner Souveränität, seiner Unabhängigkeit und seiner territorialen Integrität kämpft. Jeden Tag kämpft es auch für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und europäische Werte.
Bei der Verleihung des Preises sprach Parlamentspräsidentin Roberta Metsola vom Mut und den Opfern des ukrainischen Volkes: „Die Botschaft aus Europa ist klar: Wir stehen an der Seite der Ukraine. Wir werden nicht wegschauen. Das ukrainische Volk kämpft nicht nur einen Unabhängigkeitskrieg, sondern einen Krieg der Werte. Die Werte, die unser Leben in der Europäischen Union untermauern und die wir lange Zeit als selbstverständlich angesehen haben, jeden Tag aufs Neue.“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der über eine Videoverbindung zugeschaltet war, bat um eine Schweigeminute im Namen aller ukrainischen Männer, Frauen, Kinder, Militärs und Zivilisten, die in diesem Krieg getötet wurden. Im Anschluss sagte er: „Wir müssen jetzt handeln und nicht auf das Ende des Krieges warten, um all diejenigen vor Gericht zu bringen, die diesen Krieg entfesselt haben, und um eine Wiederholung der Aggression zu verhindern. Dies wird der wirksamste Schutz der Freiheit, der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und anderer gemeinsamer Werte sein, die insbesondere durch diese Auszeichnung des Europäischen Parlaments verkörpert werden.“
Er rief zur Unterstützung eines internationalen Gerichtshofs auf, um die von Russland begangenen Verbrechen zu ahnden.
Bei der Zeremonie anwesend waren:
- Olexandra Matwijtschuk – Vorsitzende der nichtstaatlichen Organisation „Zentrum für bürgerliche Freiheiten“, die zu den Preisträgern des Friedensnobelpreises 2022 gehört
- Julija Pajewska – Gründerin der medizinischen Evakuierungsgruppe „Tairas Engel“
- Iwan Fedorow – Bürgermeister von Melitopol
- Olexander Tschekryhin und Stanislaw Kulykiwskyj – Vertreter des staatlichen Notfalldienstes der Ukraine
- Jaroslaw Boschko von der zivilen Widerstandsbewegung „Schofta Strytschka“ (Gelbes Band)
Nominierungen können von Fraktionen und Gruppen von mindestens 40 Abgeordneten vorgenommen werden. Die diesjährigen Nominierungen wurden in einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, des Entwicklungsausschusses und des Unterausschusses Menschenrechte am 26. September 2022 in Brüssel vorgestellt. Sie sind:
- Das tapfere ukrainische Volk, vertreten durch Präsident Wolodymyr Selenskyj (nominiert von der EVP)
- Die Menschen in der Ukraine (nominiert von S&D und Renew Europe)
- Sônia Guajajara (nominiert von den Grünen/EFA)
- Präsident Wolodymyr Selenskyj (nominiert von der EKR)
- Die Wahrheitskommission in Kolumbien (nominiert von der Linken/GUE-NGL)
- Shireen Abu Akleh (nominiert von Grace O’Sullivan und 42 weiteren Abgeordneten)
- Julian Assange (nominiert von Sabrina Pignedoli und 40 weiteren Abgeordneten)
Das tapfere ukrainische Volk, vertreten durch Präsident Wolodymyr Selenskyj, wurde von der EVP nominiert.
S&D und Renew Europe haben die Menschen in der Ukraine nominiert und dabei die Rolle von Einzelpersonen, Vertretern zivilgesellschaftlicher Initiativen sowie staatlicher und öffentlicher Institutionen hervorgehoben. In der Nominierung werden unter anderem der Staatliche Rettungsdienst (SES) der Ukraine, Julia Pajewska (Gründerin der medizinischen Evakuierungseinheit „Tairas Engel“), Oleksandra Matwijtschuk (Menschenrechtsaktivistin), die zivile Widerstandsbewegung „Gelbes Band“ und Iwan Fedorow (Bürgermeister der ukrainischen Stadt Melitopol, die derzeit von russischen Streitkräften besetzt ist) erwähnt.
Die EKR hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Gesicht des Mutes des ukrainischen Volkes nominiert und seine Tapferkeit, Ausdauer und Hingabe an sein Volk und die europäischen Werte hervorgehoben.
Sônia Guajajara, nominiert von den Grünen/EFA, ist eine Umwelt- und Indigenenaktivistin in Brasilien. Als Anführerin einer Allianz indigener Völker setzt sie sich für den Schutz der Rechte indigener Völker auf die Kontrolle ihres Landes ein. Ihr Aktivismus hat sie in Konflikt mit den brasilianischen Staatsbehörden und mächtigen Landwirtschafts- und Bergbaulobbys gebracht, die die Kontrolle über indigene Gebiete an sich reißen wollen.
Die Wahrheitskommission in Kolumbien, die von der Linken/GUE-NGL nominiert wurde, ist eine Institution, die im Rahmen eines Friedensabkommens zur Beendigung des kolumbianischen Bürgerkriegs 2016 geschaffen wurde. Sie soll die Fakten über die Menschenrechtsverletzungen während des Konflikts ermitteln und sich für die Rechte von Millionen von Opfern einsetzen. Die Nominierung würdigt die Opfer des Bürgerkriegs und wird als Gelegenheit zur Unterstützung des Friedensprozesses beschrieben. In der Nominierung werden die Namen von Francisco de Roux, Alejandro Valencia Villa, Marta Ruiz Naranjo, Alfredo Molano Bravo (posthum), Alejandro Castillejo, Saúl Alonso Franco, Lucía Victoria González, Patricia Tobón Yagarí, Alejandra Miller, Leyner Palacios, Ángela Salazar Murillo (posthum) und Carlos Martin Beristain genannt.
Shireen Abu Akleh, die von Grace O’Sullivan und 42 weiteren Abgeordneten nominiert wurde, war eine palästinensisch-amerikanische Journalistin. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Reporterin für den arabischsprachigen Sender Al Jazeera. Ihre Berichterstattung über den Konflikt in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten machte sie zu einer der bekanntesten Journalistinnen in der arabischsprachigen Welt. Sie wurde am 11. Mai 2022 erschossen, als sie über einen Einsatz der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) im Flüchtlingslager Dschenin im Westjordanland berichtete.
Julian Assange, einer der Aktivisten hinter der Enthüllungsplattform WikiLeaks, wurde von Sabrina Pignedoli und 40 weiteren Abgeordneten nominiert. Er versorgte weltweit führende Zeitungen mit Dokumenten über Kriegsverbrechen, willkürliche Verhaftungen, Menschenrechtsverletzungen und Folter. Er wurde im Vereinigten Königreich inhaftiert und ihm droht derzeit die Auslieferung in die Vereinigten Staaten, wo er sich wegen Spionage und und Missbrauch von Computern vor Gericht verantworten soll.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird seit 1988 jährlich an Personen und Organisationen verliehen, die sich für Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen. Er ist nach dem sowjetischen Physiker und politischen Dissidenten Andrei Sacharow benannt und mit 50.000 Euro dotiert. (EP/Red./IIM)