Reparatur des Medienprivilegs beschlossen
Wien, 12. Juni 2024– Das sogenannte Medienprivileg im Datenschutz wird neu geregelt. Die Reparatur wurde nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs erforderlich, wonach Medien nicht prinzipiell von Datenschutzbestimmungen ausgenommen sein dürfen. Die Neuregelung gilt ab 1. Juli 2024.
Im Nationalrat stimmten ÖVP, Grüne und NEOS für die Änderungen. FPÖ und SPÖ hegten inhaltliche Bedenken und stimmten dagegen. Mit einer Abänderung wurde umgesetzt, dass Medienunternehmen und nicht die Redakteur:innen als die datenschutzrechtlichen Verantwortlichen angeführt werden.
Von der Novelle unangetastet bleibt dabei das Redaktionsgeheimnis. Der Quellenschutz soll umfassend gewährleistet und Investigativ-Journalismus nicht aus Datenschutzgründen unterlaufen werden. Gleiches gilt für die “Watchdog-Funktion” von Medien. Der Schutz personenbezogener Daten wird durch die allgemeinen Verpflichtungen wie insbesondere der datenschutzrechtlichen Verarbeitungsgrundsätze, der Verantwortlichenpflichten im Vorfeld von Datenverarbeitungen sowie der Verpflichtungen im Hinblick auf die Datensicherheit abgesichert.
ÖVP und Grüne brachten im Rahmen der Nationalratssitzung einen Abänderungsantrag ein. Dadurch soll der Eindruck vermieden werden, dass Medienmitarbeiter:innen und Arbeitnehmer:innen eines Medienunternehmens selbst zum Schutz natürlicher Personen festgelegt werden. Adaptiert wird auch beim Recht auf Kopie.
“Nicht der gewünschte Parlamentarismus”, bezeichnete Christian Drobits (SPÖ) die späte Reaktion auf die Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Obwohl durch den Abänderungsantrag Änderungen bei den Verantwortlichkeiten umgesetzt werden, könne die SPÖ nicht zustimmen. Drobits verwies dabei auf offene Punkte zum Redaktionsgeheimnis und zur Datensicherheit.
Muna Duzdar (SPÖ) sprach sich gegen den Gesetzesentwurf aus und setzte sich für kritischen Journalismus ein.
Harald Stefan (FPÖ) erkannte Ungereimtheiten im Gesetzesentwurf und warnte vor Rechtsunsicherheiten und kritisierte die parlamentarische Vorgehensweise. Schließlich gehe es um nichts geringeres, als um die Abwägung von Grundrechten, betonte er. Stefan wollte das Thema erneut im Justizausschuss diskutieren und stellte dazu einen Antrag auf Rückverweisung. Er zeigte sich bereit, den Antrag im Juli zu beschließen, sollten die Bedenken ausgeräumt werden. Anderenfalls stimme die FPÖ nicht zu. Der Rückverweisungsantrag fand keine Mehrheit.
Aus Sicht von Eva Blimlinger (Grüne) ist es mit der Novelle gelungen, sowohl das Redaktionsgeheimnis, als auch den Datenschutz sicherzustellen. Dazu wurden Stakeholder und Medien eingebunden, zeigte sie sich froh über die positive Entwicklung, die von allen Seiten gelobt werde. Investigativ-Journalismus werde geschützt und die Watchdog-Funktion der Medien gestärkt, zudem verwies sie auf den Umgehungsschutz für das Redaktionsgeheimnis.
“Unabhängiger, freier Journalismus stellt unsere Demokratie sicher”, betonte Corinna Scharzenberger (ÖVP). Die Argumentation von SPÖ und FPÖ konnte sie nicht nachvollziehen. Die Zeit für eine rechtliche Beurteilung sei ausreichend gewesen, sagte sie, um diese zu überzeugen, heute mitzustimmen. Sie erläuterte auch den “Spagat”, Journalisten die Arbeit zu ermöglichen und auf der anderen Seite Medienunternehmen nicht pauschal aus der Pflicht zu nehmen.
Verschiedene sehr wichtige Grundrechte seien abgewogen worden, so Justizministerin Alma Zadić. Es brauche einen starken Redaktionsschutz und umfangreichen Quellenschutz, unterstrich sie. Beides müsse zu jeder Zeit gewährleistet werden. Sie betonte, dass das neu ausgestaltete “datenschutzrechtliche Redaktionsgeheimnis“ mit einem Umgehungsschutz ausgestattet worden sei und verwies auf zahlreiche Gespräche mit Stakeholdern.
Ministerin Raab hielt fest: Bisher habe es eine Vollausnahme für Medien aus der DSGVO gegeben. Der VfGH habe dies als verfassungswidrig angesehen, weshalb die Novelle umgesetzt wird. Man habe sich “mehr als redlich bemüht” einen umfassenden Schutz des Redaktionsgeheimnisses zu wahren und dieses wäre nun sogar ausgeweitet worden. Raab zeigte sich überzeugt, Journalist:innen werde damit die wertvolle Arbeit weiterhin ermöglicht.
Ein Betroffener hatte sich beschwert, weil ein Medienunternehmen auf seiner Webseite ein ungeschwärztes Bild seiner Visitenkarte veröffentlicht hatte, verbildlichte Henrike Brandstötter (NEOS) die Notwendigkeit der Novelle. Gleichzeitig sei Journalismus ohne Nutzung von personenbezogenen Daten nicht möglich. Das Gesetz werde nun repariert, da die pauschale Ausnahme dem Grundrecht auf Datenschutz widersprochen habe. Es wurde ein Kompromiss gefunden, dem die NEOS ihre Zustimmung gaben. Die Pressefreiheit sah sie an anderer Stelle in Gefahr, sagte sie mit Blick in Richtung FPÖ. (PK/IIM)