In der ORF-Todeszone
Dr. Sonja Sagmeister hat 30 Jahre für den ORF gearbeitet und war für den öffentlich-rechtlichen Sender jahrelang EU- und NATO- Korrespondentin in Brüssel.
Die erfahrene ORF Redakteurin hat ein bestelltes Interview für die Zeit im Bild abgelehnt und dem Wirtschaftsminister auch kritische Fragen zur Rekordinflation gestellt. Doch die Vorgesetzte und die Pressesprecherin des Ministers wollten, dass ein spezieller Themenblock, „wie geplant“, auf Sendung geht.
Doch Sagmeister berief sich auf das Recht „frei zu fragen“ und das ORF-Redakteursstatut. Im Podcast „Microfonierte Gedanken“ erzählt sie vom Schicksalstag im ORF, an dem sie intern ein Protokoll zur Intervention verfasste und an Generaldirektor Weißmann, ihre Ressortleiterin und den Redakteurssprecher schickte. Was folgte, waren Dienstplan-Schikanen und die Versetzung ins sogenannte „Todesarchiv“. Über Monate gestaltete die promovierte Medienexpertin und Anglistin Nachrufe auf noch lebende Personen: teilweise über Menschen, die das 70. Lebensjahr noch gar nicht erreicht hatten. Doch das wollte die Vollblutjournalistin nicht länger machen und klagte dagegen. Sie wollte wieder eigenständig recherchieren, so wie sie es immer getan hatte. Doch, kurz vor Prozessbeginn wurde die Investigativ-Journalistin von ORF-Generaldirektor Weißmann gekündigt. Seit damals kämpft sie um Wiedereinstellung im ORF und um die Freiheit der journalistischen Berichterstattung.
Das ist die Vorgeschichte zu einem brisanten Fall, der sich im Newsroom am Küniglberg abspielte, in der Redaktion der wichtigsten Nachrichtensendung Österreichs. Der Fall zeigt exemplarisch, wie ORF-Redakteure unter Druck geraten und was passiert, wenn man intern aufsteht und offiziell „Nein zur Einflussnahme“ sagt.
Österreich liegt inzwischen beim Index der Pressefreiheit auf Platz 32, zeitverzögert zeigt sich ein Trend wie in Ungarn.
Der ORF weist die Vorwürfe zurück und betont, dass alles korrekt abgelaufen sei. Nun müssen die Gerichte entscheiden. Die Journalistin und Mutter von zwei Kindern kämpft dafür, wieder frei und kritisch in der Zeit im Bild als Journalistin arbeiten zu können.