Resolution der ZiB-Redaktion
Wien, 10. November 2022 – Die Resolution im Wortlaut:
“Die Ereignisse der vergangenen Tage haben die Glaubwürdigkeit des ORF massiv erschüttert. Daher muss jetzt alles unternommen werden, das Vertrauen unseres Publikums wieder zurückzugewinnen. Das geht nur, wenn wir die Chat-Affäre transparent und öffentlich aufarbeiten. Wir wollen nicht unter einen politischen Generalverdacht gestellt werden. Es geht um unser höchstes Gut: journalistische Integrität und politische Unabhängigkeit.
Wir begrüßen daher die Entscheidung von Matthias Schrom, seine Funktion als Chefredakteur zurückzulegen. Damit hat er weiteren Schaden vom Unternehmen abgehalten und der Redaktion eine Entscheidung erspart. Dass im ORF derartige Vorgänge nicht unter den Teppich gekehrt, sondern transparent behandelt werden – und das auch in der eigenen Berichterstattung – dient jedenfalls der Glaubwürdigkeit.
Die Forderungen der Redaktionsversammlung:
• Alle drei Chefredaktions-Positionen im Multimedialen Newsroom sollen unverzüglich ausgeschrieben werden.
• Die Ausschreibung bedarf einer unabhängigen, externen Begleitung.
• Die Bestellung muss im Konsens mit der Redaktion getroffen werden, frei von politischer Einflussnahme.
• Die Einführung eines regelmäßigen Medien-Magazins im TV.
Ausschreibungen und Neubesetzungen CR-Funktionen müssen jetzt möglichst rasch erfolgen. Klar ist auch, dass diese Besetzungen frei sein müssen von jeder Form von Parteien-Einfluss. Absprachen und Sideletter dürfen dabei keine Rolle spielen. Es geht darum, möglichst schnell die Besten für die Leitung der Redaktion zu finden und zu besetzen.
Wünsche und Begehrlichkeiten aus dem Stiftungsrat dürfen bei diesen Besetzungen keine Rolle spielen. Denn wir finden die Dreistigkeit verstörend, mit der der frühere Vizekanzler und Chef der Freiheitlichen Partei, Heinz Christian Strache und der damalige Vorsitzende des Stiftungsrates Norbert Steger, ebenfalls FPÖ, versucht haben, Einfluss auf Personalentscheidungen im ORF zu nehmen. Die Idee, im ORF müsse jemand “rausgeschmissen” werden, damit die Berichterstattung im Sinne ihrer Partei “freundlicher” wird, macht uns fassungslos. Und zeigt, wie wichtig es ist, den politischen Einfluss auf den ORF zurückzudrängen.
Ein korrekter Ausschreibungsvorgang und eine Entscheidung nach fachlichen, sachlichen Kriterien, die dem ORF-Gesetz und dem Redaktionsstatut auf Punkt und Beistrich entsprechen, müssen selbstverständlich sein. Jeder Geruch von Parteipolitik, Verhaberung oder Freunderlwirtschaft würde unserer Redaktion und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Ganzes großen Schaden zufügen. Vielmehr muss der ORF als wichtigstes Medienunternehmen des Landes gerade jetzt seiner Verantwortung gerecht werden, das Vertrauen des Publikums in unsere Redaktion und in seriöse Berichterstattung zu stärken.”