Chile: Fake News bestimmen Wahlergebnis
Santiago de Chile, 5. September 2022 – Mit manipulierten Flyern, die Farben und Symbole des Verfassungsentwurfs verwenden, mit professionellen Videos auf Youtube und mit Bots, die dieses Material auf Social Media millionenfach multiplizieren: die Desinformationskampagne der Gegner der neuen Verfassung in Chile, hat das Wahlergebnis massiv beeinflußt. Darüber sind sich Kommunikatiosnexperten und Politologen in Chile sicher.
Die Gegner sagten: Die neue Verfassung wolle die Chilenen um ihre in Rentenfonds eingezahlte Ersparnisse bringen, sie mit vom Staat abhängig machen und die Menschen durch ein staatliches Bildungssystem manipulieren – eine Verschwörungstheorie. Das Video mit dem Titel Plan der politischen Kontrolle aufgedeckt wurde seit dem 1. August mehr als 130.000 Mal auf YouTube aufgerufen. Die Stimme aus dem Off stammt von der rechtsextremen Politikerin Teresa Marinovic. Die 49-jährige Mutter von neun Kindern ist Abtreibungsgegnerin und Präsidentin der libertär-konservativen Stiftung Nueva Mente
Das aktuell in Chile gültige Grundgesetz stammt aus der Pinochet-Diktatur und in ihm ist das neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell verankert, das unter Militärgewalt und Staatsterror in Chile implementiert wurde. Die Verfassung von 1980 reduziert die soziale Verantwortung des Staats auf ein Minimum und misst der ökonomischen Freiheit mehr Gewicht zu als den Grundrechten der Chileninnen und Chilenen.
Die von Teresa Marinovic gegründete Stiftung Nueva Mente gehört zu einem Netzwerk neoliberaler Thinktanks in Chile, die Falschinformationen über die neue Verfassung verbreiten und dazu aufriefen, beim Referendum am 4. September die neue Verfassung abzulehnen.
Eine der am häufigsten verbreiteten Falschmeldungen zufolge würde die neue Verfassung alle Häuser und Wohnungen enteignen und das Privateigentum verbieten. Dabei sichert der neue Verfassungsentwurf das Recht auf Eigentum ab und garantiert aber auch das Recht auf angemessenen Wohnraum, zu dessen Umsetzung der Staat verpflichtet wird – dafür hatten sich soziale Bewegungen und Organisationen eingesetzt. Zum anderen schüre die Kampagne nationalistische Gefühle, indem die Indigenen als Gefahr für die nationale Identität dargestellt werden. Die Kampagne des Rechazo setzte auf Desinformation anstatt auf Argumente, sagen Kommunikationswissenschafter. (Quellen: TAZ, NPLA, IIM)